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Gleichzeitigkeit des Verschiedenen – und wie OKR helfen kann, damit umzugehen

Veröffentlicht am
6.8.2025

In vielen Organisationen herrscht die Vorstellung, dass Mitglieder, Teams und Organisation eine Einheit bilden – mit klaren Grenzen, gemeinsamer Vision und eindeutigen Zielen. Diese Denkweise setzt auf Harmonie und Einheit und versucht, Unterschiede eher zu überdecken.

Das Problem: In der Realität sind Mitglied, Team und Organisation eigenständige soziale Systeme mit eigenen Logiken, Zielen und Dynamiken. Sie sind gleichzeitig gekoppelt und getrennt. Genau hier entstehen Spannungen:

  • Organisation → Team: Strategische Vorgaben vs. Teamdynamik
  • Team → Mitglieder: Gruppenerwartungen vs. individuelle Bedürfnisse
  • Mitglieder → Organisation: Karriereziele vs. Teamziele

Wer nur auf Einheit setzt, blendet diese Spannungen aus – und macht sie damit unsichtbar und unlösbar.

OKR als Brücke zwischen verschiedenen Systemlogiken

Das OKR-Framework kann helfen, diese Unterschiede nicht nur sichtbar zu machen, sondern produktive Spannungen zwischen den Ebenen zu gestalten.

Wichtig ist dabei:

  1. Outcome-Orientierung: Ziele so formulieren, dass sie eine Verhaltensänderung beim Kunden (oder relevanten Stakeholdern) beschreiben – nicht nur interne Tätigkeiten oder Outputs .
  2. Lose Kopplung statt starrer Kaskadierung: Jedes Team formuliert seine OKR eigenständig, inspiriert, aber nicht diktiert von der Organisation .
  3. Transparenz & Alignment: Durchsichtige Zielsetzungen schaffen gegenseitiges Verständnis und ermöglichen konstruktives Feedback zwischen den Systemebenen .

Praxisbeispiel 1 – Organisation ↔ Team

Ausgangslage: Zwei Service-Teams werden zusammengelegt. Die Organisation will mehr Standardisierung, das Team bringt sehr unterschiedliche Arbeitsweisen mit.

Objective (3 Monate, qualitativ, inspirierend):

Unsere Kunden erleben eine nahtlos konsistente Servicequalität – unabhängig davon, welches Teammitglied sie betreut.

Key Results (messbare Outcomes, keine Outputs):

  • Die Kundenbewertung im NPS für Konsistenz steigt von 68 auf 80.
  • Mindestens 70 % der Kundeninteraktionen entsprechen dem neu definierten Service-Standard.
  • 85 % der Teammitglieder berichten in einer anonymen Umfrage, dass sie den Standard als alltagstauglich empfinden.

So wird klar: Das Ziel ist nicht, alle gleich zu machen, sondern eine gemeinsame Wirkung zu erzielen, die trotz Unterschiedlichkeit funktioniert.

Praxisbeispiel 2 – Team ↔ Mitglieder

Ausgangslage: Ein neu zusammengesetztes Team muss Vertrauen aufbauen, während die Organisation schnelle Ergebnisse erwartet.

Objective:

Wir sind als Team so aufgestellt, dass wir effektiv zusammenarbeiten und unsere Stärken gegenseitig ergänzen.

Key Results:

  • 90 % der Teammitglieder geben an, dass ihre individuellen Stärken im Teamalltag gezielt genutzt werden.
  • Die durchschnittliche Antwortzeit auf interne Anfragen zwischen Teammitgliedern sinkt von 24h auf unter 8h.
  • Mindestens 3 gemeinsam entwickelte Verbesserungsinitiativen werden von allen Teammitgliedern unterstützt.

Hier zeigt sich: OKR kann Beziehungs- und Strukturthemen genauso adressieren wie klassische Business-Ziele – solange sie auf Verhaltensänderung fokussieren.

Praxisbeispiel 3 – Mitglied ↔ Organisation

Ausgangslage: Einzelne Teammitglieder haben Karriereziele, die nicht automatisch mit dem aktuellen Teamauftrag übereinstimmen.

Objective:

Unsere Talente sehen in ihrem aktuellen Beitrag einen klaren Schritt in ihrer persönlichen Entwicklung in der Organisation.

Key Results:

  • 80 % der Teammitglieder bestätigen in einem Follow-up-Gespräch, dass sie im aktuellen Zyklus neue Kompetenzen erworben haben.
  • Mindestens 5 Teammitglieder präsentieren ihre Projektergebnisse im organisationsweiten Austauschforum.
  • Die interne Versetzungs- oder Projektbeteiligungsquote steigt von 10 % auf 20 %.

Damit werden individuelle Entwicklungsziele sichtbar und mit der strategischen Arbeit verknüpft.

Fazit – Spannungen nicht glätten, sondern nutzen

OKR ersetzt nicht die Spannungen zwischen Organisation, Team und Individuum – es macht sie sichtbar und bearbeitbar.

  • Objectives liefern ein inspirierendes, gemeinsames Zielbild, das mehrere Systemlogiken verbinden kann.
  • Key Results machen Fortschritt messbar und erlauben Anpassung im Zyklus, wenn sich Dynamiken ändern.
  • Lose Kopplung ermöglicht es, dass jede Ebene eigene Entscheidungen trifft – und trotzdem auf ein gemeinsames Narrativ einzahlt.

So wird aus der „Gleichzeitigkeit des Verschiedenen“ keine Störung, sondern eine Quelle für Kreativität, Anpassungsfähigkeit und nachhaltigen Erfolg.

Und - um ganz sicher zu gehen - auch wen verschiedene Systemebenen adressiert werden - es gibt ausschließlich Team-OKR - keine Individuellen OKR und auch keine Company OKR.

Interessiert weiter einzutauchen?

Wer die Verbindung von OKR und der „Gleichzeitigkeit des Verschiedenen“ nicht nur verstehen, sondern auch in der Praxis meistern möchte, braucht mehr als theoretisches Wissen. Unser Certified OKR Leader (COL)-Programm vermittelt genau die Kompetenzen, um mit den unterschiedlichen Logiken von Organisation, Team und Individuum produktiv zu arbeiten – und daraus wirksame OKR-Setups zu gestalten.

In dieser Weiterbildung lernst du, OKRs nicht nur methodisch sauber aufzusetzen, sondern sie auch als Brücke zwischen Strategie, Teamdynamik und individueller Entwicklung zu nutzen. So wirst du in der Lage sein, sowohl Spannungen konstruktiv zu moderieren als auch nachhaltige Wirkung zu erzeugen.

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